Flug von Berlin nach Athen

Petra schreibt:

Thomas ist schon ein paar Tage fort und ich verbringe die letzten Tage mit meiner Schwester und meinen Kindern. Wir (Thomas und ich) haben für die Vorbereitungen auf unsere große Reise ToDo-Listen erstellt und diese helfen mir nun alles im Blick zu behalten. Denn immer wieder muss ich nachschauen, ob ich dies oder jenes auch wirklich in TiPi, unserem Wohnmobil verstaut hatte, oder ich es noch besorgen muss, oder ob noch etwas zu kündigen war und auch alle Artbesuche abgehakt sind. Ein HOCH auf diese geniale IDEE mit den Listen. 😊

Mein Flug nach Athen, am 5. September 2020 rückte immer näher und außer meiner Handtasche konnte ich nur einen kleinen Rucksack packen. Meine Kinder wollten mich am Bahnhof verabschieden. Welch ein Schreck, als dann die Info kam, dass mein Flug statt Nachmittag um 15:00 Uhr nun doch schon um 9:00 Uhr morgens startet. Ich musste also spätestens um 7:00 Uhr auf dem Flughafen sein.

Aufstehen um 4:30, Duschen, Haare waschen, Brote schmieren war bereits am Vortag erledigt worden, Steckdosen ausschalten, Kaffeemaschine entleeren, Müll raustragen, alle Fenster schließen, Wasser abdrehen, noch ein Blick zurück und dann Tür verschließen.

Noch immer kann ich es nicht fassen, dass ich nun ein Jahr das hier alles nicht mehr sehen werde, was doch mein „Zuhause“ ist.

Nun aber los. Meine Schwester drängelt: Wir wollten um 7:00  Uhr am Flughafen sein. Sie bewahrt wie immer die Ruhe, ich bin total nervös. Gut das sie Auto fährt, schon bald stehen wir pünktlich am Flughafen und….

Ich war so glücklich, als sie alle am Flughafen waren. 😊

Ich umarme alle und bin froh, das vor lauter Aufregung keine Zeit für Tränen ist. Lilly kommt noch einmal in die Absperrung zu mir gelaufen und wir umarmen uns noch einmal. Mein Herz klopft. Habe ich an alles gedacht, habe ich es richtig gemacht?? Es ist keine Zeit sich jetzt irgendwelche Gedanken zu machen. Ich muss zur Sicherheitskontrolle, werde durchleuchtet und beichte mal gleich, dass ich einige spitze Gegenstände im Rucksack habe, die mir meine Zahnärztin mitgegeben hat. Phu… das ging noch einmal gut. Ich musste nix auspacken und war durch die Kontrolle. Als ich zurück schaue konnte ich niemanden mehr von meiner Familie sehen. Ich halte das Foto der Kinder in meinen Händen, welches sie mir kurz zuvor in die Hand gedrückt haben. Es wird mich die lange Reise begleiten. 😊

Mein ausgefülltes Formular (neue Corona-Maßnahme) hat man sich gründlich angeschaut und da ich es in Papierform vorgezeigt habe musste ich noch meinen Ausweis herausholen. Erst dann durfte ich passieren. Schon sitze ich im Flugzeug. Ich habe einen Fensterplatz. Die Maske stört mich mittlerweile auch nicht mehr. Man gewöhnt sich daran. Rechts neben mir sitzen 2 junge Männer, beide vertieft in ihre Smartphones. Die Stewardess kündigt den Start an und berichtet monoton, nuschelig und unaufgeregt etwas, was sie wohl schon 100te Male berichtet hat. Ich kann es mir nur denken, denn verstehen kann ich sie nicht. Selbst wenn ich der englischen Sprache besser mächtig wäre. ☹ Keiner scheint ihr zuzuhören, so tu ich auch ganz cool und gleichgültig. Erst als sie mit der Gesichtsmaske herumfummelt.. ich meine nicht meinen Mund-Nasen-Schutz, sondern eine die wohl aus dem Fach über mir herausfallen soll. Sie demonstriert dann, wie ich an dieser kräftig ziehen soll, damit ich sie aufsetzen kann und mit Sauerstoff versorgt werde. Dann kommt noch die Erklärung zur Rettungsweste, die unter jedem Sitz steckt … hoffe doch auch unter meinem … da hat sie all meine Aufmerksamkeit wieder und ich versuche jedes Wort aufzusaugen und dessen Bedeutung richtig zu verstehen. Ich hoffe nur inständig, dass es nie dazu kommt, dass diese Maske von oben herunter kommt und ich dann alles richtig mache, so wie ich es verstanden habe. ☹

Jetzt beginnt das Kopfkino: Wir haben eine Notlandung auf dem Wasser. Die Atemmaske fällt aus dem Fach. Ich ziehe kräftig daran. Gleichzeitig soll ich die Schwimmweste greifen, ziehe sie an, mach sie aber nicht auf. Wenn alle ihre Westen aufpusten kommt niemand mehr zur Tür hinaus. Wasser kommt ins Flugzeug. Wir sollen nicht gleichzeitig zum Ausgang… Wasser.. Wann kann ich raus hier…mehr Wasser…die Beatmungsmaske gibt mir Sauerstoff, aber doch nur, solange ich hier am Platz bleibe… noch mehr Wasser… wenn ich meinen Platz verlasse habe ich keinen Sauerstoff mehr… Wasser bis zum Hals… Panik, … verlasse ich den Platz???.. HILFE.. Stau am Ausgang… Nun gehen die ersten…Soll auch ich? Schaffe ich es überhaupt so lange die Luft anzuhalten? Kann ich dann noch die Rettungsweste aufblasen?… Das Flugzeug ist schon so tief gesunken…. Alles voll Wasser… ich halte die Beatmungsmaske gegen mein Gesicht gedrückt…Wasser überall Wasser… Ich schließe die Augen…

Das Flugzeug startet und somit lass ich meine wachen Albträume zurück. Die Räder des Fahrwerks holpern über den Asphalt, die Turbinen heulen stark auf, fast muss ich mir die Ohren zuhalten, so laut ist es, wir sind schnell und werden immer schneller wir schießen regelrecht vorwärts. Zum ersten Mal in meinem Leben werde ich mich in die Lüfte erheben und Deutschland verlassen „Ein kleiner Schritt für die Menschheit ein großer für mich“  😊…… Das Kribbeln in meinem Bauch vertreibt alle anderen Gedanken. Unweigerlich muss ich lächeln, ganz einfach so… Ich bekomme einen Geschwindigkeitsrausch und dann heben wir ab. In dem Moment des Abhebens gibt es kein Geholper von Rädern die über den Asphalt rollen, sondern es ist ganz gleichförmig und fast ruhig geworden. So, … genau so fühlt sich Fliegen an. Ein Hoch auf die Technik 😊.

Ich bin in der Luft und da wir einen verregneten, wolkenreichen Tag haben, sehe ich Regentropfen an der Scheibe, sehe wie die Wolken als Nebel unser Flugzeug einhüllen und dann sehe ich uns über den Wolken. WOW..WOW.. Hier ist kein Nebel, kein Regen, hier ist die Sonne, ich sehe eine Art Schneelandschaft vom Sonnenlicht durchflutet, wie ich sie noch nie bewundern durfte. Alles ist bauschig, wattig, weiß und wunderschön. Ich schau aus dem Fenster und kann dieses Glück kaum fassen…. Ich fliege…. Ich fliege über den Wolken. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit überkommt mich. Unweigerlich denke ich an Reinhard Mey und sein Lied „Über den Wolken…“ und die Freiheit ist grenzenlos.

Etwas später brechen die Wolken unter uns etwas auf und ich kann durch sie nach unten auf unsere Erde sehen. Das muss noch Berlin sein. Von hier oben schaut alles so  klein aus.

Den ganzen Flug über kann ich den Blick von unserem herrlichen Planeten nicht lassen. Ich genieße jede Minute und zwischendurch habe ich wohl 100 Fotos gemacht und etliche Videos gedreht. Die zu sichten wird eine Zeit dauern 😊

Zu schnell vergeht die Zeit und die Stewardess kündigt schon die Landung an. Schnell springen noch einige auf und laufen zur Toilette, denn während des Landevorganges ist das untersagt.

Der Landevorgang ist noch einmal etwas Besonderes. Der Verlust an Geschwindigkeit und das ruckeln beim Aufsetzen der Räder auf dem Asphalt, die Bremsgeräusche, ich möchte mich noch lange an all das hier erinnern und genieße es den anderen beim Aufstehen, Tasche herausziehen und zum Ausgang drängeln, zuzuschauen.

Als auch ich mich aufmache bin ich lange nicht die Letzte.  Ein netter Herr hilft mir meinen Rucksack aus dem über mir liegenden Fach zu hieven und ich laufe der Menschenmenge zum Flughafengebäude hinterher. Eine warme fast schon erdrückende Schwüle erfasst mich. So fremd und unwirklich. In Berlin war es leicht kühl und ich hatte eine Jacke an. Hier ist diese völlig fehl am Platz. Dennoch lass ich sie über dem Arm hängen (Im Rucksack ist eh kein Platz mehr 😊 ) Wird Thomas da sein? Kurz stutze ich… Hat er nicht schreiben wollen? Am Eingang der Halle muss ich noch einmal meinen QR-Code vorzeigen, den ich per E-Mail einen Tag zuvor vom Griechischen Ministerium für Fremdenverkehr erhalten habe, dann werde ich durchgewunken. Ich beobachte noch, wie einige der Passagiere einen anderen Weg nehmen müssen, an abgetrennten Abteilen vorbeigeleitet werden, in denen ein Corona-Test durchgeführt wird. Sie kommen scheinbar aus „gefährdeten“ Gebieten / Ländern.

Ich schreibe Thomas eine WhatsApp Nachricht, halte Ausschau nach ihm und entdecke ihn dann etliche Meter weiter vorn, vor all den Absperrungen mitten in der Gruppe der Empfangskomitees. Die Rose in seiner Hand tauscht er gegen meinen Rucksack und wir gehen Hand in Hand aus dem Flughafengebäude.

Ich bin in Athen. 😊

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